Hitzeschlacht und Rockhymnen (Salzgitter Zeitung am 05.07.1999)

Bericht von unbekannt

Spektakel auf der Insel: Etwa 12 000 Fans wollten die Böhsen Onkelz sehen
 

"Lieder wie Orkane" brausten Sonntag über die Insel im Salzgittersee. Das mit Spannung erwartete Freiluftkonzert mit den Böhsen Onkelz lockte nach Veranstalterangaben etwa 12 000 Besucher über die Brücke am Fredenberger Ufer.

Das im Vorfeld befürchtete Festival der rechten Szene fand in Lebenstedt nach den bis zum Redaktionsschluß vorliegenden Erkenntnissen nicht statt. Viele Rockfans waren offensichtlich auch gekommen, um Heavy-Metal-Klassiker wie Rose Tatoo oder Saxon zu erleben, auch Megaherz aus München und der Amerikaner Glen Danzig wurden begeistert gefeiert.

Der Schreiber dieser Zeilen war gewiß nicht unbeeinflußt zu dieser Veranstaltung gegangen. Wer schon einmal beobachtet hat, wie massiv eher der rechten Szene zuzuordnende junge Männer Discjockeys mitunter zum Auflegen von alten Onkelz-Hymnen wie "Nur die besten sterben jung" aufforderten, der kann nur schwer glauben, daß die Band mit dieser Klientel gar nichts mehr zu tun haben will.

Um den ausgestreckten Arm in Augenhöhe zu unterbinden, mit dem diese Lieder von einigen Unverbesserlichen oft begrüßt wurden, standen auch in Salzgitter knapp 100 Ordner bereit. Teilweise waren sogar Podeste mitten im Publikumsbereich aufgebaut, um die Menge besser beobachten zu können. Die Onkelz wollen den rechten Stallgeruch anscheinend mit Macht abstreifen.

"Mittlerweile akzeptieren ihre Fans auch andere Gruppen, für uns lief die gemeinsame Tournee jedenfalls ganz gut", berichtet Fritz Randow, der neuerdings die Trommeln für Saxon bearbeitet. Der schon beim Drummer-Meeting in der Feuerwache aktive Schlagzeuger feierte in Salzgitter Wiedersehen mit seinem Kollegen Ralli Lewitzki, der die Band erst einmal auf die Insel lotsen mußte. Denn Saxon war der Festival-Beschilderung gefolgt und über die total zugeparkte Humboldtallee zur Insel gekommen. Das letzte Stück zum Konzert mußten sie aber wie alle Musiker mit dem DLRG- oder Feuerwehr-Rettungsboot absolvieren, die Abfahrtsstelle lag am entgegengesetzten Ufer. Megaherz sangen gerade das Lied "Über den Jordan", als Saxon übersetzten.

Auf der Insel erwartete jede Band ein eigener Wohnwagen, nur der Hauptband stand ein doppelter Büro-Container zur Verfügung. Die Onkelz setzten sich aber dennoch lieber in den Schatten eines Sonnenschirmes vor ihrer provisorischen Garderobe, um bei offensichtlich bester Stimmung den Darbietungen ihrer Vorbands zu lauschen.

Im Bereich hinter der Bühne war aber auch Günter Klatt zu finden. Der Leiter des Bauordnungsamtes überprüfte die Einhaltung der vorgegebenen Lautstärke-Pegel und die Bühnenkonstruktion: "Die ist zwar materiell, aber nicht formell in Ordnung." Wegen eines fehlenden Prüfbuchs hätte Klatt die Konstruktion eigentlich nicht freigeben dürfen, doch die solide Statik führte zu einer "teilweisen Aufhebung der Nutzungsuntersagung".

Eine Sorge weniger für Konzert-Veranstalter Klaus Ritgen. Angesichts des Besuchs von etwa 12 000 statt der kalkulierten 15 000 Zuschauer hoffte er auf einen ordentlichen Umsatz an den Verkaufsständen, um das Festival nicht mit einem Defizit abschließen zu müssen. Denn der logistische Aufwand bei einem Open-Air-Konzert verursacht erhebliche Fixkosten.

Für die Stromversorgung beispielsweise sorgen drei Generatoren, die von drei Schiffsdieselmotoren angetrieben werden. Knapp 25 Helfer gewährleisteten einen meist reibungslosen Bühnenumbau. Außerdem war ein mit mehr als 60 Kreislaufzusammenbrüchen befaßter privater Rettungsdienst zu entlohnen ebenso wie die Dienstleistungen der Berufsfeuerwehr und der Wehren aus Lichtenberg und Lobmachtersen.

Doch als die Onkelz pünktlich um 20.30 Uhr die Bühne betraten, wurde nur noch gefeiert. Über die Auftritte der Bands wird die SZ noch berichten. jwd
 

Mit freundlicher Genehmigung von Internet@Onkelz