"Böhse Onkelz - gute Onkelz - Eine Band, Ihre Fans, ein Tabu"

Im Jahr 1998 sendete die ARD eine 30-Minütige Dokumentation über die Böhsen Onkelz und ihren Fans. Ursprünglich sollte die Dokumentation am Sonntag, den 10. Mai 1998 gesendet wurden. Durch eine Sondersendung über einen Mord im Vatikan mußte die Sendung dann aus den 21. Juni 1998 verlegt werden. Am 25. Juni 1998 wurde die Dokumentation um 22:15 Uhr im HR3 wiederholt.

Bilder aus der Dokumentation
 

Ausschnitte aus Fernsehzeitschriften

Meinungen von BO Anhängern, die die Sendung sahen

Zum ersten Mal im Öffentlich-Rechtlichen Fernsehen brachte die ARD einen 30min.-Reportage über die beste Band Deutschlands. In dem Bericht kamen die Onkelz und einige Fans zu Wort. Die Onkelz sagten die wichtigsten Sachen zur Vergangenheit. Daß sie durch Fehler gelernt haben und sich mit Ihren eigenen Liedern selber therapieren (Stephan). Weiter wurden einige Fans vorgestellt die Ihre persönliche Geschichte erzählten. Einige Arbeitslose aus dem Osten. Eine Polizistin aus Köln usw. Alle sagten, daß sie in den Onkelz-Texten ihr eigenes Leben wiederfinden und Ihre eigenen Probleme durch die Texte anders sehn. Sie haben durch die Onkelz ein Ziel und die Power gefunden, auf dieses Ziel hinzuarbeiten. Meiner Meinung nach ein guter Bericht. Auch wenn manche Sachen wenig mit den Onkelz zu tun hatten (Politik/Arbeitslosigkeit/etc.) Was aber mal wieder zeigt, daß die Onkelz das sagen was viele denken. Ich hoffe es war ein Schritt zu einer ehrlichen Medien-Politik? (Jens)

Ich war von dem Bericht doch ziemlich enttäuscht, da er sich mehr den Fans, als der Band selbst widmete. Allerdings war dies, bedingt durch den Titel der Reportage, z.T. auch schon vorherzusehen. Das ebenfalls im Titel erwähnte "Tabu" wurde mir persönlich jedoch viel zu wenig angeschnitten.
Es ging mehr darum, wie sich die Fans mit dem Werdegang der Onkelz identifizieren können, als um den eigentlichen Werdegang der Band selbst. Wer eine Art "verfilmter Biographie" erwartete, wurde leider enttäuscht. (Christian)

Am Sonntag, den 21.6.1998 wurde er also endlich gesendet, der mit Spannung erwartete Bericht über die Böhsen Onkelz. Wobei die Spannung, glaube ich, wohl daraus resultierte, daß der Bericht erstens verschoben wurde (es tauchten einige Gerüchte über das Umfallen des Programmdirektors auf) und zweitens sich keiner sicher war, ob die Onkelz verrissen oder in den Himmel gelobt würden. Letzteres war da diesmal eher der Fall, aber ob ihre Fans auch so gut bei weggekommen sind, wage ich zu bezweifeln. Im Vorfeld war von vielen zu hören, daß hier das erstemal im öffentlich rechtlichen Fernsehen über die Onkelz berichtet wurde. Dem ist aber nicht so. Ich erinnere nur an das "Alabama Debakel" oder Boulevard Bio. Auch recht positive Berichte hat es schon gegeben, vor allem den Kulturreport von 1991, in dem vor allem Wolfgang Niedecken (BAP) mit seinen pro-Onkelz Aussagen wohl ganz schön aneckte. Damals hat nur leider keiner zugehört, ob es diesmal anders ist. Das größte Problem, was die Onkelz mit den Medien haben, ist ihre Skinhead- Vergangenheit. Auf die wurde diesmal nur am Rande mit ein paar allseits bekannten Fotos eingegangen. Hauptthema war ein anderes : Was haben die Fans von den Onkelz. Somit wurde auf das im Titel erwähnte Tabu nicht weiter eingegangen. Eine Tatsache, die sich die Medien meiner Meinung nach noch nicht leisten können, aufgrund dessen, was in der Vergangenheit berichtet wurde, aber dazu mehr am Schluß. Gezeigt wurden Fans, ihre derzeitige Lebenssituation und wo dort der Platz der Onkelz ist. Es handelte sich vielleicht bis auf eine Ausnahme um Leute, die eine schwierige Situation durchmachen oder durchgemacht haben. Hier setzt dann die Aussage der Reportage an, nämlich, daß die Onkelz mit ihren Liedern diesen Leuten Rückhalt geben um ihr Leben nicht nur zu ertragen, sondern auch zu verbessern. Hier sah ich dann eigentlich auch den einzigen Sinn dieser "Recherche", denn verdeutlichten diese Beispiele in meinen Augen nur einen Arschtritt für Politiker, Sozialarbeiter usw., denn für die sind diese Leute unerreichbar. Um die ganze Bandbreite zu zeigen, die die Fangemeinde der Onkelz verkörpert, fehlten mir einige Beispiele. Wo waren Leute, die es geschafft haben, sich über dem Durchschnitt zu etablieren, wo die, die sich nur bestätigen lassen, aber nicht auf "Instruktionen" vom großen Weidner waren. Ich bin lange genug dabei um zu wissen, daß es sie gibt, aber hier wurden sie vergessen. Der eindeutige Schwerpunkt wurde zum einen in den untersten Bereichen der Gesellschaft und zum anderen in den neuen Bundesländern gesetzt. Beide Bereiche, die sich nicht zwangsläufig einschließen, bilden keinen überdimensionalen Prozentsatz in der Onkelz-Fangemeinde, wurde hier also bewußt übertrieben ? Hier sollte wohl das Versagen der Politik und ihres sozialen Engagements aufgezeigt werden, da eindeutig der Tenor darauf lag, daß den Onkelz als letzten noch zugehört wird. Ja, einer der Beispiel-Fans sagte sogar, daß ihm die Onkelz die Arbeit abnehmen im Bezug auf das Zeigen von Egoismus und Selbstbestimmtheit. Von hier kam dann auch die Aussage, daß das Musik für Kaputte ist, auch wenn man für das kaputt sein nichts kann. Diese Aussage möchte ich an dieser Stelle mal ganz trocken mit dem Verweis auf das Stück "Das Problem bist Du" widerlegen. Seine Rolle blieb auch weiter undurchsichtig, da sich innerhalb von Minuten sogar die Geschichte änderte, wie er zu den Onkelz kam. Erst war er dazu gezwungen, aufgrund journalistischer Recherche, die Musik zu hören und fand erst später Gefallen daran, dann war es wieder eine CD, die eine Frau bei ihm vergessen hatte, und die er sofort mit Begeisterung gehört hat. Steige ich nicht ganz durch, aber ich muß ja nicht alles verstehen. Daß z.B. Musiker viel größeren Einfluß gerade auf junge Menschen haben ist denn aber so neu nicht. Das hat schon Gorbatschow (bei J.B. Kerner) zu Campino gesagt, wobei das bei dem leider bedauert werden muß. Die Interview Sequenzen der Onkelz, die zwischendurch gezeigt wurden, unterstrichen denn auch nur das oben gesagte, wobei die so schlecht zusammen geschnitten waren, daß sich die einzelnen Onkelz teilweise auf Aussagen ihrer Bandkollegen ("...wie Kevin schon sagte...") beriefen, wobei diese Aussagen dann leider unterschlagen wurden. Wenn nun jemand denkt, ich wäre von diesem Bericht enttäuscht, so liegt er leider völlig falsch. Ich bin froh, daß nicht wieder alles verrissen wurde. Ich sehe auch einen Sinn darin, aufzuzeigen, wie viele junge Menschen denken, und was sie zum Leben brauchen. Hier hätte man aber mehr daraus machen können, vor allem hätte man bei 30 Minuten Sendezeit auch mehr in die Breite gehen können, bei der Auswahl der Beispiele. Und bei dem Punkt, an dem wir uns mit der Medienberichterstattung über die Böhsen Onkelz befinden, ist dieser Teil des Themas vielleicht ein wenig zu früh angeschnitten worden. Erste Reaktionen von Fans, die ich mitbekommen habe, war daß viele sich jetzt ins "Kaputten-Image" gedrängt fühlen. Ob das richtig ist oder nicht, lasse ich mal dahingestellt. Aber es ist eigentlich völlig Brust. Und zwar aus dem Grund, weswegen ich auch nicht von dem Bericht enttäuscht bin : Mir ist es egal, was in den Medien über die Onkelz berichtet wird. Ich lebe jetzt so viele Jahre mit dieser Band und den Vorurteilen darüber. Und wenn die Onkelz morgen aufhören würden, das was ich in mir trage, all die Lieder und damit verbundenen, eigenen Erfahrungen, daß nimmt mir keiner mehr weg. Und es geht weiter. In diesem Sinne (Markus Möller)

Mit freundlicher Genehmigung von Internet@Onkelz