Bis in die späten Abendstunden hinein blieb Thomas Brych skeptisch. Doch in
seinem Abschlußbericht über die Ereignisse im Umfeld des Rockfestivals auf der
Insel im Salzgittersee durfte der Polizei-Einsatzleiter letztlich doch
vermerken, daß es aus polizeilicher Sicht keine besonderen Vorkommnisse gab.
Die mit einer Hundertschaft der Bereitschaftspolizei verstärkten
Salzgitteraner Ordnungshüter sorgten wohl auch durch anfangs diskrete, später
aber verstärkte ständige Präsenz für keinerlei Zweifel: Jegliche Aggression, sei
es aus der rechten oder linken Szene, von der Störaktionen erwartet waren, wären
sofort unterbunden worden.
Auch der an sonnigen Tagen sicher nicht unbeträchtliche Alkoholverzehr
bereitete Brych Sorgen. Doch dadurch kam es nur zu vereinzelten Exzessen, unter
denen die Anwohner in den Gebieten an der Humboldtallee leiden mußten. In der
Nacht vor und auch nach dem Konzert wurde dort lautstark gefeiert. Mehr als
ärgerlich waren diese Party für Anwohner am Seeblick, unter derem Carport sich
menschliche Exkremente fanden.
"Das muß nun wirklich mal sein, mit dem Lärm von der Insel hatten wir dagegen
ja gerechnet", meinte ein Fredenberger. Einmal im Jahr sei derlei
Musikberieselung ja hinnehmbar. Das sieht die Stadtverwaltung ebenso, auch wenn
Pressesprecher Norbert Uhde die Anlieger künftig wohl vor Hard-Rock-Konzerten
bewahren möchte. "Wir werden die Insel wohl eher für sanfteren Rock zur
Verfügung stellen."
Das es zu keinerlei größeren Problemen kam, bestätige die Recherchen der
Verwaltung im Vorfeld der Veranstaltung. "Verfassungs- und Staatsschutz hatten
uns berichtet, daß es im Umfeld der Böhsen Onkelz noch nie Probleme bei
Konzerten gegeben habe", verriet Uhde. Der Aufmarsch der rechten Szene blieb
aus, nach Polizeischätzungen war bestenfalls jeder zehnte Besucher diesem Umfeld
zuzuordnen. Während sich die Ordnungshüter in den Nachtstunden noch um am
Bahnhof kampierende Fans, die den letzten Bus verpaßt hatten, kümmern mußte,
atmeten die Rettungssanitäter und Notärzte des Centralen
Krankentransportdienstes aus Hameln auf. "Wir hatten 114 Versorgungen zu
leisten", berichtete Einsatzleiter Reinhold Klostermann. So seien sogar ein
Atem-Stillstand sowie ein vermuteter Wirbelsäulenbruch behandelt worden.
Letzterer sei Folge einer jugendlichen Rangelei aus purem Übermut. Auch
Klostermanns Mitarbeiter mußten sich nicht um die Opfer von Schlägereien
kümmern. Sonne, aber auch Alkoholgenuß führten weiterhin zu zahlreichen
Kreislauf-Zusammenbrüchen. Viele beklagten zudem Schnittwunden an den Füßen, die
sie sich beim Abkühlungsversuch auf den Ufersteinen des Sees zuzogen.
Da war die Maßnahme der Feuerwehr schon ungefährlicher: Auf Anraten der Ärzte
spritzten die Freiwilligen aus Lobmachtersen und Lichtenberg, deren Einsätze von
der Funkgruppe der Freiwilligen Feuerwehr Lebenstedt koordiniert wurden, immer
wieder Wasserfontänen über die Besucher in den ersten Reihen. jwd